In den Bereich Funktionelle Neurochirurgie und Schmerz fallen all jene Erkrankungen, die keine offensichtliche strukturelle Ursache haben, sondern deren Grundlage eine Fehlfunktion des Nervensystems selbst ist. So finden sich bei chronischen Schmerzsyndromen, Bewegungsstörungen oder psychiatrischen Erkrankungen keine direkten Bildzeichen in der Magnetresonanztomografie oder der Computertomografie. Bei diesen Erkrankungen ist es das Ziel, das Nervensystem an den Stellen seiner Fehlfunktion zu «modulieren», also Hirnaktivitäten zu verändern und damit Symptome von Erkrankungen zu lindern.
Warum Sie sich am Inselspital behandeln lassen sollten
Das Inselspital ist das führende Zentrum für funktionelle Neurochirurgie in der Schweiz. Mit über 250 Eingriffen dieser Art pro Jahr verfügen wir über die notwendige Erfahrung und Routine für die sichere und erfolgreiche Behandlung unserer Patienten.
Mit Prof. Claudio Pollo und Prof. Paul Krack auf dem Gebiet der Funktionellen Neurochirurgie und Bewegungsstörungen und Prof. Sebastian Walther im Bereich der Psychiatrie liegt die Leitung der funktionellen Neurochirurgie am Inselspital bei international renommierten Ärzten.
Darüber hinaus nimmt das Inselspital eine führende Rolle bei der Entwicklung neuer Therapieansätze auf diesem Gebiet ein. So wurden am Inselspital weltweit erstmalig innovative direktionelle Stimulationselektroden für die Tiefe Hirnstimulation implantiert.
Welche Erkrankungen können mit funktionellen Verfahren behandelt werden?
Hirnfunktionsstörungen
Schmerzen bei speziellen Erkrankungen
Welche funktionellen neurochirurgischen Verfahren gibt es?
Grundsätzlich unterscheidet man bei der Neuromodulation Verfahren durch Läsionen und Verfahren durch Elektrostimulation.
Läsionelle Verfahren
Bei den läsionellen Verfahren werden bestimmte Strukturen des Nervensystems gezielt ausgeschaltet. Dies kann beispielsweise durch Zufuhr von grosser Hitze oder mit fokussiertem Ultraschall geschehen. Auch die Durchtrennung von Nerven, die an der Schmerzwahrnehmung beteiligt sind, zählt zu den läsionellen Eingriffen. Das Ergebnis solcher läsionellen Verfahren kann nicht wieder rückgängig gemacht werden.
Neuromodulatorische Verfahren
Dagegen werden bei neuromodulatorischen Verfahren gezielte Strukturen des Nervensystems durch Elektrostimulation gereizt und so Nerven in ihrer Funktion moduliert. Es wird keine permanente Läsion durchgeführt.
Mit Hilfe dieser Methode können periphere Nerven, das Rückenmark oder bestimmte Kerne des Gehirns stimuliert werden. Der erforderliche Strom wird durch kleine implantierte Elektroden abgegeben und ist so klein gewählt, dass er in der Regel nicht wahrgenommen wird.
Während läsionelle Verfahren irreversibel sind, ist ein grosser Vorteil der neuromodulatorischen Verfahren ihre Reversibilität. Ausserdem können durch Anpassung der Stimulationseinstellungen wie Stromstärke oder Frequenz Nebenwirkungen vermieden werden. Man unterscheidet je nach Stimulationsort die folgenden Verfahren:
- Tiefe Hirnstimulation
- Rückenmarkstimulation
- periphere Nervenstimulation
Wie funktionieren neuromodulatorische Verfahren?
Nervenzellen (Neuronen) sind die elementare Einheit unseres Nervensystems. Sie kommunizieren ständig miteinander in komplexen chemischen und elektrischen Prozessen. Gruppen von Millionen von Nervenzellen sind als Netzwerke im Gehirn angeordnet und regulieren Wahrnehmungen, Gefühle, Emotionen, Denkvorgänge und Lernprozesse. Innerhalb einer Nervenzelle wird ein einkommendes Signal elektrisch weitergeleitet. Zwischen zwei Nervenzellen werden Signale chemisch über sogenannte Neurotransmitter übertragen. Der Ort der Signalumwandlung von einem elektrischen Signal in ein chemisches Signal und zurück heisst Synapse.
Hier setzen nun neuromodulatorische Verfahren an. Da Neuronen elektrisch erregbar sind und die elektronische Impulsübertragung die Grundlage der Signalverarbeitung bildet, können wir mit Hilfe von Elektroden Stromimpulse erzeugen, die die Nervenzellen erregen oder hemmen. Somit verändern wir die synaptische Übertragung von Neurotransmittern. Vereinfacht gesprochen, wir verändern bzw. modulieren pathologische Netzwerkeigenschaften, die den Erkrankungen zugrunde liegen, und stellen wieder ein gesundes Gleichgewicht her.
Neuromodulation und Schmerztherapie
Bei Patienten, die seit vielen Jahren an schweren chronischen Schmerzen leiden, die mit Medikamenten und anderen Massnahmen nicht oder nur unzureichend behandelt werden können, ist eine neurochirurgische Behandlung sinnvoll, um die Lebensqualität des Schmerzgeplagten zu verbessern.
Die Behandlung von Patienten mit schweren chronischen Schmerzen wie spastischen Bewegungsstörungen, der Trigeminusneuralgie oder Schmerzen nach Rückenoperation (Failed-Back-Surgery-Syndrom) stellt für den behandelnden Arzt eine Herausforderung dar. Wenn konventionelle Therapiemassnahmen versagen, ist die Neuromodulationstherapie eine Option. Die Neuromodulation beeinflusst die Weitergabe von Nervenimpulsen durch Strom (Neurostimulation) oder durch Medikamente. Sie umfasst folgende Therapiemöglichkeiten:
- Rückenmarkstimulation
- Spinalganglienstimulation
- Medikamentenpumpe
- Motorkortexstimulation
- periphere Nervenstimulation, z. B. bei einer Neuralgie des Nervus occipitalis, bei Cluster-Kopfschmerz oder bei Migräne
Zusätzlich zur Neuromodulation führen wir zu diagnostischen, wie auch zu therapeutischen Zwecken Infiltrationen, Radiofrequenztherapien oder Thermokoagulationen in Zusammenarbeit mit den Kollegen des Schmerzzentrums des Inselspitals durch:
- Nervenwurzelinfiltration
- Facettengelenksinfiltration
- Medial Branch Block (Injektion des feinen Nervenasts, der für die Wahrnehmung von den Schmerzen, die von den Facettengelenken ausgehen, verantwortlich ist)
- Sakralblock (peridurale Infiltration an der Wirbelsäule)
- Infiltration des Kreuz-Darmbein-Gelenks (Iliosakralgelenk)